Egal ob du Hafiz werden möchtest oder nicht, mehr vom Koran auswendig zu lernen wird dir unglaublich hilfreich sein. Du wirst mehr Segen in deinem Alltag haben, Abwechslung in deine Gebete bringen und dich generell mehr mit Allahs Worten beschäftigen. Hier sind einige Tipps, die ich benutzt habe, um den ganzen Koran auswendig zu lernen.

Vor dem Lernen

der richtige Koran

Wähle einen Koran aus dem du gut lesen kannst. Er sollte aber keine Übersetzung oder Ähnliches beinhalten, das würde beim Lernen nur stören. Außerdem solltest du immer aus dem selben Koran lernen. Beim Lernen speicherst du nämlich die Seite bildlich in deinem Gedächtnis ab. Würdest du deinen Koran (und damit die Schrift) wechseln, müsstest du ein neues Bild abspeichern, was sicherlich hinderlich wäre. Auch kann dein Koran-Lehrer deine Fehler im Koran markieren. Achte deshalb darauf, deinen Koran möglichst wenig zu wechseln.

die richtige Zeit

Neue Verse auswendig zu lernen, wird dein Gehirn ins Schwitzen bringen. Verlege deine Sessions deswegen auf eine Zeit, wo du dich frisch fühlst. Seitdem ich mit dem Hifz angefangen habe, nutze ich den frühen Morgen, um meine Seiten zu wiederholen. Das hat zwei große Vorteile. Zum einen ist dein Gehirn noch ganz leer. Du hast dich noch nicht mit anderen Sachen beschäftigt und dein Verstand muss sich im Hintergrund nicht mit anderen Problemen beschäftigen. Zum anderen ist es die Zeit, in der man am meisten Ruhe und Konzentration findet. Denn andere Personen (=Störfaktoren) sind wahrscheinlich noch am Schlafen.

Natürlich musst du nicht früh aufstehen, wenn deine Situation es nicht zulässt. Ich würde dir aber empfehlen, soweit es geht den Vormittag zu nutzen. Für Wiederholungen von Seiten könnte der Abend besser sein, aber dazu später mehr.

der richtige Ort

Du kannst an jedem angemessenen Ort lernen. Achte nur darauf, dass es ein sauberer und ruhiger Ort ist, an dem du andere nicht störst. Zimmer, in denen sich Personen mit anderen Sachen beschäftigen, vor allem wenn es Unterhaltung ist, ist nicht optimal und wird dich nur ablenken. Schöne Orte zum Lernen sind natürlich Moscheen. Wichtig ist aber auch hier, dass du dich konzentrieren kannst. Mit Freunden zu lernen kann einen unglaublich motivieren. Vielleicht gibt es ja sogar einen Hifz-Kurs in der Moschee deiner Nähe. Zu Unterrichtszeiten herrscht in den Kursen eine fantastische Atmosphäre und der Segen der dort herrscht ist unbeschreiblich.

realistische Ziele setzen

Wenn du einen guten Ort zu einer guten Zeit gefunden hast, bist du so gut wie bereit zum Lernen. Fehlt nur noch das Ziel! Diesen Schritt solltest du nicht überspringen, da du 1) sonst nicht weißt, wann du aufhören sollst zu lernen und 2) nicht motiviert bist, Gas zu geben. Wähle ein Ziel, das weder zu leicht, noch zu schwer für dich ist, damit du einfacher in den Flow (LINK) kommen kannst. Dazu solltest du lange Suren und Verse in kleinere Kapitel aufteilen. Ein Koran-Lehrer wird dir hier sicherlich behilflich sein. Mit der Zeit solltest du deine Ziele an deine steigenden Kapazitäten anpassen.

Beim Lernen

mit der Seite vertraut werden

Bevor du mit dem Auswendiglernen beginnst, solltest du den zu lernenden Abschnitt beherrschen. Optimalerweise solltest du dir den Abschnitt von einem Kari anhören. Es gibt zahlreiche Apps und Videos mit denen du das machen kannst. Somit vermeidest du jegliche Fehler. Danach solltest du dir den Abschnitt einige male durchlesen. Wenn du gut lesen kannst, könnten 5 – 7 Wiederholungen ausreichend sein. Wenn du den Abschnitt fehlerfrei lesen kannst, fängst du mit dem Auswendiglernen an. Fange an als würdest du lesen, aber versuche bei jedem Mal immer weniger auf dein Koran zu schauen, bis du es auswendig gelernt hast.

die Verkettungs-Technik benutzen

Sobald du einen Abschnitt auswendig gelernt hast, machst du weiter mit dem nächsten Abschnitt. Eine Technik, die du zum Kombinieren der Abschnitte nutzen kannst, ist die sog. Verkettungs-Technik (zincirleme). Hierbei liest du alle vorherigen Abschnitte und versuchst sie zusammen auswendig zu lesen. Wenn du beispielsweise mit Abschnitt A fertig bist, lernst du Abschnitt B auswendig. Danach liest du Abschnitte A und B zusammen durch und versuchst anschließend beide Abschnitte gemeinsam auswendig zu rezitieren. Dann erst gehst du zu Abschnitt C über. Somit kräftigst du die am Anfang gelegenen Abschnitte und du hast es am Ende einfacher.

laut lesen

Eine Sache, die in unserem Hifz-Kurs streng beachtet wurde, ist, dass wir laut lesen. Unser Lehrer meinte nämlich, dass das Gelesene doppelt verarbeitet wird. Einmal beim Lesen und das zweite Mal beim Hören. Ich bin auch der Meinung, dass das zusätzliche Hören noch einmal andere Gehirnregionen anregen könnte. Zusätzlich hatte ich das Gefühl, dass man eigene Fehler so leichter merkt. Du solltest also mindestens so laut lesen, dass du deine eigene Stimme hörst. Solange du keinen groß störst, gibt es auch nichts, wofür du dich schämen solltest.

Nach dem Lernen

einem Lehrer vorlesen

Der vielleicht kritischste Schritt ist das Vorlesen des neu gelernten Abschnitts. Du kannst jene Person wählen, die diese Sure schon auswendig kann und Kenntnis über die grundlegenden Tecvid-Regeln hat. Diesen Schritt solltest du niemals überspringen, denn du könntest unbemerkte Fehler haben. Du kannst den Zuhörer bitten, deine Fehler im Koran mit einem Bleistift zu markieren, z.B. einkringeln oder anstreichen, sodass du genau weißt, wo du Fehler gemacht hast. Verbessere deine Fehler so früh es geht, denn ansonsten werden sie sich festbeißen und du wirst eine Weile mit dem Beheben der Fehler verbringen müssen.

Zusätzlich dazu merkst du, ob du genug gelernt hast und den Abschnitt beherrschst. Es ist auch eine Übung, die deine Behaltensleistung erheblich erhöhen wird إن شاء الله.

wiederholen

Man sagt, dass das Auswendiglernen im Vergleich zum Behalten noch relativ einfach ist. Das mag insofern stimmen, dass für das Behalten eine konsistente Übung notwendig ist. Der beste, einfachste und angenehmste Weg ist, die Sure im Gebet zu lesen. Dadurch nimmst du dir regelmäßig Zeit, hast keinen großen Mehraufwand, weil du sowieso im Gebet ein paar Verse lesen musst und du hast Abwechslung von den gleichen Suren, die du im Autopilot-Modus in nahezu jedem Gebet liest.

Was vor allem bei neu auswendig gelernten Seiten hilfreich ist, ist das Wiederholen vor dem Schlafen. Dadurch könntest du im Schlaf das Gelernte eher verfestigen. Denn im Schlaf wiederholt dein Gehirn die gelernten Informationen und verstärkt neuronale Netzwerke. Wenn du am nächsten Tag aufstehst, wirst du merken, dass dir das Rezitieren viel einfacher vorkommt.

Hast du sonst noch Fragen oder Anmerkungen? Schreibe es gerne in die Kommentare!


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